Eugène Hoerlé / Bernd Uwira
Wer vom Staader Fährehafen aus entlang des Bodenseeufers in Richtung Konstanz spazieren geht, passiert am Ortsrand von Staad den schönen Hoerlé-Park mit seinen alten Baumbeständen und kommt auch an zwei im Park stehenden alten Häusern vorbei, dem Hoerlé-Haus direkt am Bodenseeufer und dem etwas weiter oben am Parkrand gelegenen Pförtnerhaus, für das gegenwärtig von der Stadt Konstanz neue Bewohner gesucht werden.
Leider ist von Eugène Hoerlé recht wenig bekannt. Die spärlichen Informationen über ihn basieren im wesentlichen auf Erinnerungen der Ehefrau und den Kindern von Rechtsanwalt Dr. Ernst Schott, der Eugène Hoerlé in Erbangelegenheiten beraten hat. Eugène Hoerlé entstammt einer Hugenottenfamilie, die unter Ludwig XIV. durch sein Edikt von Fontainebleau ab 1685 aus Frankreich in vorwiegend protestantische Gebiete flüchten musste.
Hugenotten ist die etwa seit 1560 gebräuchliche Bezeichnung für die französischen Protestanten im vorrevolutionären Frankreich. Ihr Glaube war stark vom Calvinismus beeinflusst.
Die ersten deutschen Spuren tauchen in Frankfurt auf. Dort lebte die sehr vermögende Familie Salzwedel, die seit 1634 eine der ältesten Apotheken in Frankfurt, die Apotheke “Zum Weißen Schwanen” besaß. Der Großvater von Eugène Hoerlé, Apotheker Carl-Philipp Hoerlé (1781–1847) heiratete in 1. Ehe die Tochter Margarethe des Apothekers Peter Salzwedel.
Der Apotheker Peter Salzwedel verkaufte später die Schwanen-Apotheke an seinen Schwiegersohn Carl-Philipp Hoerlé. Leider starb Margarethe Hoerlé, geb. Salzwedel viel zu früh im Jahre 1814. Als der sehr vermögende Apotheker Peter Salzwedel ein Jahr später im Jahre 1815 verstarb, wurde an Carl-Philipp Hoerlé ein Teil des beträchtlichen Vermögens vererbt. Im Jahre 1816 heiratete Carl-Philipp Hoerlé erneut. Aus dieser 2. Ehe entstammten 8 Kinder. Einer der männlichen Nachkommen war der Vater von Eugène Hoerlé. Er war ebenfalls Apotheker und konnte durch den Erwerb einer weiteren Apotheke in Frankfurt das Vermögen weiter mehren.
In diesem Umfeld wuchs Eugène Hoerlé wohlbehütet und bar aller finanziellen Sorgen auf, so dass er keinen Anlass sah, einen ordentlichen Beruf zu erlernen. Er war aber sehr gebildet und reiste viel umher. Er beherrschte zudem mehrere Sprachen. Als Schöngeist hatte er auch eine große Liebe zur Natur und zu schönen Landschaften, natürlich auch zum Bodensee.
Als sein Vater in Erfahrung bringen konnte, dass der Besitzer des 1775 erbauten Guts Friedenau in Staad, der ein leidenschaftlicher Jäger auf dem Bodanrück war, in finanzielle Schwierigkeiten geraten war und das Gut Friedenau verkaufen musste, erwarb Hoerlé das Gut für 35000 Goldmark und setzte seinen Sohn Eugène Hoerlé als Gutsverwalter ein. So kam Eugène Hoerlé nach Staad an den Bodensee und zu einem ehrbaren Beruf. Eugène Hoerlé wohnte aber nur im Sommer in Staad. Sein Wohnsitz blieb bis an sein Lebensende in Frankfurt.
Zum Gut Friedenau gehörte auch ein Ökonomiegebäude, das 1910 einem verheerenden Brand zum Opfer fiel. Vom Geld der Versicherung konnte Eugène Hoerlé im Jahre 1911 das Pförtnerhaus am Eingang zum Parkgelände bauen.
Wenn Eugène Hoerlé in Staad weilte, dann genoss er das angenehme Leben und umgab sich gern mit netten Damen, denen er auch bisweilen nette Briefe schrieb.
Bei den Kindern war er nicht so sehr beliebt, weil er ihnen immer sehr unanständige Witze erzählte und die Mädchen um ihre sittliche Festigkeit fürchten mussten.
Durch die verheerende Inflation verlor Eugène Hoerlé einen erheblichen Teil seines stattlichen Vermögens. Er lebte zeitweise wie ein Bettler und konnte auch nicht mehr seinen Wirtschafter und Gärtner Wilhelm Zahn, einem alteingesessenen Allmannsdorfer, bezahlen.
Wilhelm Zahn blieb trotzdem seinem Herren treu und schaffte Geißen, Hühner und Hasen an und betrieb intensiven Gemüseanbau. So kamen alle in der schlimmen Zeit gerade noch über die Runden. Zum Dank räumte Eugène Hoerlé der Familie Zahn ein lebenslanges Wohnrecht im Hoerlé-Haus ein.
Eugène Hoerlé hing auch in den sehr schlimmen Zeiten sehr an seinem Sommersitz am Bodensee und ein Verkauf kam für ihn nicht in Frage. Das hielt er auch bis zu seinem Tode im Jahre 1941 durch.
Nach seinem Tod wurde sein Besitz in die Hoerlé-Pahud-Stiftung eingebracht, die als Stiftungszweck die Unterstützung von in Not geratenen Hugenotten, vorrangig in Frankfurt, ermöglicht.
Gegen Auflagen wurde das Hoerlé-Haus und das Pförtnerhaus an die Stadt Konstanz verkauft. Der Hoerlé-Park wurde an die Stadt Konstanz verpachtet.