Ein Dorf verändert sich / Sven Martin

Allmannsdorf, Staad und Egg sind begehrte Wohngebiete. Die Nachfrage nach Häusern und Wohnungen ist auf einem Höchststand. Die Preise sind mit die höchsten in Baden-Württemberg, die niedrigen Zinsen verstärken den Preis- und Spekulationsdruck.

Die Anzahl und Dimension der Bauprojekte und damit verbunden die Geschwindigkeit der Veränderung ist besorgniserregend. Befürchtungen, dass der Charakter der Ortsteile und die Bevölkerungsstruktur sich verändern, sind aller Orten. Dies auch vor dem Hintergrund des sehr umstrittenen Projektes der Bebauung der Gärtnerei Brunner in Ruppanerstraße und Aeschenweg.

Der Ruf nach einer Steuerung der Stadtentwicklung durch die Stadt/ Verwaltung und nicht durch Investoren wird immer lauter. Dabei geht es insbesondere um die die Verantwortung der Stadt, die Identität der Ortsteile zu schützen und behutsam unter Einbindung der Menschen weiter zu entwickeln.

In den vergangenen Monaten war die BAS bemüht Transparenz bezügl. der größerern Projekte herzustellen und damit eine Diskussion über die zukünftige Entwicklung der Ortsteile anzustoßen.

Im Folgenden sind einige umstrittene Projekte, der letzten Monate, näher erläutert (Zeitraum Juni 2014 – April 2015).

Bettengasse

Auf dem Grundstück eines Einfamilienhauses mit großem Garten (insgesamt 1.300 qm) sollte ein 6 Familienhaus, 4 Doppelhäuser und eine Tiefgarage mit 15 Plätzen erstellt werden. Ein Bebauungsplan existiert nicht. Entscheidungsgrundlage ist §34 Baugesetzbuch. Der Gestaltungsbeirat wurde eingeschaltet, das Vorhaben wurde im April 2015 nach massiven Protesten der Anwohner und einzelner Stadträte vorerst zurückgezogen. 

Ruppanerstraße

Direkt neben der neuen Bebauung der Gärtnerei Brunner wird derzeit eine Doppelhaushälfte abgerissen. Ein Investor baut ein 6 Familienhaus mit Tiefgarage (Grundstücksgröße ca. 850 qm). Eine Unterschriftenaktion mit ca. 200 Unterschriften brachte keinen Erfolg. Ein Bebauungsplan existiert nicht, die Baugenehmigung wurde auf Basis §34 unter Bezugnahme auf das Brunner Projekt erteilt. Baubeginn ist Mai 2015.

Nestgasse

 In der Nestgasse wurde ein Einfamilienhaus abgerissen und der Neubau eines 6 Familienhaus von einem Investor realisiert. Einen Bebauungsplan gab es nicht, genehmigt wurde nach §34. Das neue Haus ist ca. im Mai 2015 bezugsfertig.

Pennymarkt Tannenhof

Der Pennymarkt am Tannenhof soll neu gebaut werden. Das Projekt wurde im Gestaltungsbeirat beraten und mehrfach verändert. Neben den Geschäftsräumen sind im Obergeschoß mehrere Wohnungen geplant. Markant wird die 4 Stockwerke hohe Ecke zur Kreuzung Mainaustr/ Sonnenbühlstrasse werden. Einen Bebauungsplan gab es nicht, planungsrechtlich gilt §34. Eine Genehmigung ist nach Kenntnis der BAS noch nicht erteilt.

Egg / Hoheneggstrasse

In Egg ist der Abriss zweier Mehrfamilienhäuser aus den 60 Jahren und die Neuerrichtung vergleichbarer Mehrfamilienhäuser nach neuem Standard geplant. Der Gestaltungsbeirat war involviert. Einen Bebauungsplan gibt es nicht, die Beurteilung erfolgt nach § 34. Eine Baugenehmigung ist nach Kenntnis der BAS noch nicht erteilt.

Mainaustr 152

Direkt in der Ortsmitte Allmannsdorf wurde das Haus und Grundstück der Änderungsschneiderei zunächst an einen Investor und dann an den Spar- und Bauverein Konstanz verkauft. Im Garten hinter der Änderungsschneiderei wurde nun der Neubau eines 8 Familienhaus für insgesamt 8,6 Mio. mit großer Tiefgarage genehmigt. Ein Bebauungsplan existiert nicht. Entschieden wurde nach §34, eine Diskussion des Projektes in der Bevölkerung und in den politischen Gremien gab es bislang nicht.

Fazit

Die BAS steht voll hinter der Initiative der Stadt, dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Primär muss es dabei um Wohnraum für die Zielgruppen z.B. Konstanzer Bürger und Familien gehen.

Die weitere Verdichtung, gerade auch in den Stadtteilen Allmannsdorf, Staad und Egg ist nötig und vielerorts auch machbar. Trotz der gegenwärtigen Euphorie muss aber sichergestellt sein, dass eine geplante Ortsentwicklung stattfindet und nicht eine investorengetriebene. Der Ansatz des Amtes für Stadtplanung – Workshops z.B. für die Ortsmittegestaltung oder Rahmenpläne, wie z.B. für den Staader Berg unter Mitwirkung der Bevölkerung, zu erstellen ist der richtige Weg.

Sehr bedenklich stimmt die Tendenz Bauanträge nach dem §34, ohne Aufstellung von Bebauungsplänen zu entscheiden. Hierbei wird systematisch auf eine öffentliche Diskussion, auch bei Projekten die das Selbstverständnis des Orts berühren, verzichtet.

 Es zeigt sich leider auch, dass das Kontrollorgan des Technischen und Umweltausschusses (TUA) mit der Vielzahl der Bauanträge überfordert ist. Dringend notwendig ist eine verbesserte Transparenz über Bauvorhaben. In der Schweiz schafft diese die Aufstellung von Stangengerüsten, was in Deutschland nur in Ausnahmefällen vorgenommen wird (vgl. Artikel Stangengerüste).

 Da die Entwicklung der Ortsteils alle angeht und Transparenz nur über öffentliche Diskussion möglich ist, könnten die von OB Burchardt im OB Wahlkampf vorgeschlagenen Bezirksbeiräte eine sinnvolle Ergänzung sein.

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